"Die alte Musikstadt" von Helene Horn, 8 Jahre.
Es war einmal eine verlassene Stadt namens Orusborus. Alles war leergefegt, verriegelte
Türen, leere Ladenflächen, verlassene Häuser, nur eine einsame alte Dame ging mit ihrem
Krückstock eine vermüllte Gasse entlang. Sie ist gewiss nicht der einzige Mensch in
Orusborus, doch viele verlassen ihre Häuser kaum noch. Frau Eisenbeck hatte einen Hund
namens Scotti. Frau Eisenbeck und Scotti waren auf dem Nachhauseweg. An solchen nassen,
grauen Tagen wie diesen wollte Frau Eisenbeck lieber in ihrem warmen Haus am Kamin in
ihren Schaukelstuhl sitzen und ihrer Lieblingsmusik lauschen. Sie hatte einen sehr langen
Winterschal gestrickt, den sie beim nächsten Besuch ihrem Enkel Anton schenken möchte.
Für ihre Enkelin Helene muss sie noch einen stricken oder sie teilt den langen Schaal einfach
in zwei.
Durch ihr Wohnzimmer erklingen wunderschöne klassische Melodien. Sie schaut sich um
und sieht den Wandkalender. In weniger als einer Woche sollen Anton und Helene schon zu
Besuch kommen. Sie verbringen gerne ein paar Tage bei ihrer Oma, auch wenn Orusborus für
die Kinder aus Berlin wie eine Geisterstadt wirkt. Frau Eisenbeck freut sich schon riesig und
summt munter die Melodien ihrer Schallplatte mit.
Sonst ist sie immer alleine und spricht mit Scotti, der ihr einziger treuer Begleiter ist. Frau
Eisenbek war früher eine berühmte Pianistin. Sie spielte in dem bekannten Stadt Orchester
von Orusborus, der ehemalige Musikhauptstadt. Bis zu dem verheerenden Wirbelsturm der
1975 fast die komplette Stadt und ihre Bewohner zerstörte. Frau Eisenbek konnte sich und
einige andere in einem Keller retten. Die Stadt hat sich allerdings nie wirklich davon erholt.
Viele zogen nach dem Wirbelsturm fort, die Besucher und Touristen, die einst in Scharen zu
den Konzerten kamen, blieben aus.
Frau Eisenbeck versuchte eine lange Zeit das besondere Orchester am Leben zu halten, es
gelang ihr aber leider nicht. Weil einfach zu wenige Leute in der Stadt lebten. Frau Eisenbeck
schaute auf die Uhr, sie zeigte schon 22 Uhr an. Da nahm sie Scotti und ging ins Bett. Am
nächsten Tag kamen die Enkel.
Helene und Anton haben sich sehr über den Schaal gefreut. Am Abend saßen alle drei am
Kamin und erzählten sich gegenseitig Geschichten. Einmal hat Frau Eisenbeck eine
Geschichte erzählt als sie noch Pianisten war. Als sie damit fertig war hatte Anton eine
wunderbare Idee. Er rief alle seine Freunde an, erzählte ihnen seinen Plan, der
folgendermaßen lautete: „Wir gründen eine Musikband mit unseren Freunden und mit den
restlichen Bewohnern Orusborus“!
„Das ist eine geniale Idee!“ sagten Helene und Frau Eisenbeck wie aus einem Mund.
Aufgeregt mit vielen Gedanke und Ideen gingen sie zu Bett. Sie konnten nicht schlafen und
erzählten sich noch gegenseitig lange ihre Vorstellungen der Band. Und irgendwann schliefen
sie endlich schliefen ein. Am nächsten Morgen wachten sie auf und liefen zu ihrer Oma. Frau
Eisenbeck hatte schon ein paar Einfälle für die Musikband. „Dann zieht euch mal an, um
durch Orusborus zu gehen und die Leute zu fragen, wer dabei ist“ sagte Frau Eisenbeck.
Helene und Anton zogen sich gleich an und gingen die leere Gasse entlang. Ein wenig
unheimlich fanden sie es schon. Beim ersten Klingeln kribbelte es im Bauch der beiden. Erst
klingelten sie bei Herrn und Frau Rosenkranz. Helene und Anton grüßten freundlich. Sie
wurden gleich zum Tee hereingebeten. Anton fragte die beiden ob sie Interesse hätten bei
einer Musikband mitzumachen. Herr und Frau Rosenkranz wollten alles wissen und sagten
schließlich zu. Die beiden sind Gitarristen, das passt sehr gut. Dann sind Helene und Anton zu
Frau Polenz gegangen. Frau Polenz ist eine grimmige Frau und sagte erst einmal Nein!
Helene und Anton überzeugten sie doch dazu mitzumachen. Frau Polenz spielt in ihrer
Freizeit gerne mal ein kleines Lied auf der Geige. Zuletzt statteten sie dem alten Heribert
einen Besuch ab. Der war immer sehr freundlich und gab den beiden gleich Schokolade. Auch
Heribert fand die Idee sehr schön und machte mit. Heribert spielt Trompete und singt gerne.
Zuhause angekommen fragte Frau Eisenbeck aufgeregt: „Und? Wer kommt? Wie war es? Ich
möchte alles wissen!“ Helene und Anton berichteten alles. Frau Eisenbeck freute sich riesig
und wollte keine Zeit verlieren: „Super, dann bereiten wir alles vor, wer malt die Plakate?“
„Ich kann das machen“, platze es aus Helene heraus, „und wie heißen wir?“ Anton fand „die
alten Knaller“ gut. Die anderen auch, also hatten sie nun auch einen Bandnamen. „Und ich
rufe noch ein paar Leute aus Berlin an“, sagte Anton der übrigens Schlagzeug spielt. Einige
seiner Freunde sagten auch zu um nach Orusborus zu reisen. Einige durften nur mit ihren
Eltern kommen.
Schon bald probten sie fleißig für den großen Auftritt. Helene hatte wunderschöne Plakate
gemalt und nach Berlin und überall um Orusborus herum verschickt, um möglichst viele
Menschen zu erreichen. Ein Fernsehsender wurde sogar auf das schöne Projekt aufmerksam
und wollte ein Interview mit der Band machen. Die Proben verliefen sehr gut, alle waren
zufrieden. Der große Tag stand vor der Tür und das Lampenfieber wurde immer größer. Die
Band bestand aus mindestens 10 Leuten und alle waren aufgeregt.
In einer Stunde würde die Aufführung beginnen, die Stadt platzte aus allen Nähten, so viele
Leute kamen und waren ganz gespannt auf „Die alten Knaller“. Zeitungen und Fernsehen
waren auch vertreten um zu berichten. Es wurde plötzlich ganz leise, man hätte eine Maus
husten hören können. Es war mucksmäuschenstill. Dann traten die alten Knaller hervor. Es
war ein Moment in dem alle Gänsehaut bekamen. Die Band war kraftvoll und die Musik ging
jedem unter die Haut! Es war ein besonderer Tag an dem Alt und Jung gemeinsam die alte
Musikstadt zum Leben erweckten. Von da an wurde in Orusborus eine Musikuniversität
gebaut und das Orchester war wieder am Leben.
ENDE.