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Anwar, Arif: Kreise ziehen

Arif Anwar verwendet in seinem Roman gekonnt das Motiv des Sturms, an die Worte „Flut“ und „Strom“ erinnernd, die im deutschen Diskurs um den Themenkomplex Flucht über die Maßen dysphemistisch verwendet werden. Er erschafft entlang dieses Bildes tiefgründige Schicksalserzählungen über diverse Jahrzehnte und Kontinente hinweg. Zudem erfahren die Lesenden einiges über geschichtliche Zusammenhänge Indiens, Bangladeschs und Myanmars. Es werden religiöse Spannungen ebenso eingebunden, wie die britische Besetzung weitläufiger Teile dieser Regionen.

Burma 1942, als Ärztin ist Claire dem Leben verpflichtet und hasst dabei ihren privilegierten Status, weil sie sich diesen zu Nutze machen muss.

Kalkutta 1946, Zahira möchte mit ihrem Mann wieder an ihren Geburtsort in Bangladesh zurückkehren, um fernab von den Unruhen in Sicherheit zu sein.

Bangladesh 1970, Honufa kämpft gegen den sich vom Meer anbahnenden Sturm, um die ihr Liebsten zu retten und sich dabei selbst treu zu bleiben.

Amerika 2004, Shahryar hat noch 3 Monate bis sein Visum abläuft und um eine Stelle an der Universität zu finden, damit er bei seiner Tochter Anna bleiben kann.

Mit einer angenehm poetischen und metaphorischen Sprache, die weniger an Kitsch grenzt, als vielleicht das Cover vermuten lässt, finden sich die Lesenden tief in jede einzelne Geschichte verwoben. Hier und da werden Hinweise gegeben, wie die realistisch aufgebauten Erzählungen miteinander verknüpft sind, wobei ein dichter Teppich menschlicher Lebenswirklichkeiten entsteht.

Seine Verwendung des Wortfeldes rund um den „Sturm“ wird dabei sehr viel facettenreicher und aussagekräftiger verwendet, als die oftmals platt in diversen Medien rezitierten Worte. Es gelingt Anwar dadurch ein reflektierter Roman über Lebensrealitäten in einer durch Erschütterungen gezeichneten Welt, ohne dabei auf die hoffnungsvollen Momente der Liebe und des Zusammenhaltes zu verzichten.

Roman, Quartbuch
Einband: gebundenes Buch
EAN: 9783803133106
24,00 €inkl. MwSt.