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Buchtipps

„Einen Moment lang schaue ich zu, wie er die Scherben der Teeschale vor sich auf dem Küchentisch hin und her in Konstellationen schiebt. Von außen wie ein grober, nur zögerlich rund geschliffener Stein, schillert sie von innen kieferngrün. Und auf den großen Scherben, die wie kleine Schiffe auf dem unlasierten Holz vor und zurück wippen, erkennt man auf ihrer grünlichen Innenseite ein feines Netz, wie Spinnweben. Das sind kleine Risse, entstanden durch den Gebrauch, von der ersten Tasse Tee an geht das los, hat Max mir einmal erklärt.

Drei Blicke von drei völlig unterschiedlichen Frauen auf GIL, einen Rechtsanwalt. Die drei Frauen verbindet etwas ganz und gar Unheimliches.  Über ein Internetportal für Geschiedene lernt Orna ihn kennen. Ihre Affäre wird zu keiner echten Beziehung, irgendwas irritierendes gibt es zwischen ihnen, eine Lüge? Orna meint ihm auf die Schliche gekommen zu sein und nutzt die Abwesenheit ihres Sohnes für einen Kurzurlaub mit Gil in Bukarest. Die Reise nimmt ein erstaunliches Ende. 

Ein namenloses ca. 13-jähriges Mädchen erzählt vom Leben auf ihrer Insel im Schönen Dorf. Ein archaisches Leben ohne Strom, dafür aber mit sehr strengen Gesetzen, über deren Einhaltung der Ältestenrat wacht. Das Mädchen ist ein Findelkind aus der anderen Welt, in der es Fernseher, Feuerzeuge und Hubschrauber gibt. Es wird vom Bethaus-Vater aufgezogen. In Form von einzelnen Strophen - analog zu den Strophen in der Khorabel, dem Gesetzbuch der Gemeinschaft - berichtet sie von alltäglichen und außergewöhnlichen Dingen.

Die Lebens- und Fluchtgeschichte der jungen Pianistin Roser und ihres Schwagers Victor aus Spanien zur Zeit des Bürgerkriegs. Zunächst führt sie ihr Weg über Frankreich nach Chile, wohin der bereits berühmte Pablo Neruda eine Migration ermöglicht. (Jedem Kapitel ist auch eine Strophe von einem Neruda-Gedicht vorangestellt) Dort werden sie mit großer Gastfreundschaft empfangen - bis der Militärputsch die Verhältnisse umkehrt und das Überleben für Roser und Victor dort unmöglich macht. Erneut fliehen sie - nun nach Venezuela.

Politisch Verfolgte genießen Asylrecht, so der Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes. So schlicht, so gut.

Arif Anwar verwendet in seinem Roman gekonnt das Motiv des Sturms, an die Worte „Flut“ und „Strom“ erinnernd, die im deutschen Diskurs um den Themenkomplex Flucht über die Maßen dysphemistisch verwendet werden. Er erschafft entlang dieses Bildes tiefgründige Schicksalserzählungen über diverse Jahrzehnte und Kontinente hinweg. Zudem erfahren die Lesenden einiges über geschichtliche Zusammenhänge Indiens, Bangladeschs und Myanmars. Es werden religiöse Spannungen ebenso eingebunden, wie die britische Besetzung weitläufiger Teile dieser Regionen.

Nach „Patria“ endlich ein neues Buch des baskischen Autors. Die 1960er Jahre in San Sebastián. Ich-Erzähler ist ein kleiner Junge, der dem Autor seine Geschichte aufschreibt. Im Alter von neun Jahren wird er zur Familie seiner Tante gegeben, da seine Mutter das Geld für seine Ernährung nicht mehr aufbringen kann. Seine drei Brüder kommen in ein Heim. Bei der Tante nimmt er intensiv am Familienleben teil, das Zimmer teilt er mit seinem Cousin Julen, der sich dem Kampf um die baskische Unabhängigkeit verschrieben hat.

Endlich ein Geschichtsbuch, das nicht nur erklärt, wie die menschliche Zivilisation entstand, sondern auch warum! Der englische Wissenschaftler und Journalist hat sämtliche Erkenntnisse und Fakten aus den Bereichen Geowissenschaften, Klimaforschung, Geschichte der menschlichen Früh- und Urzeit und vieles mehr zusammengetragen: eine einzigartige Reise von den Steinzeithöhlen bis zum heutigen Silicon Valley.

Die US-amerikanische Autorin kratzt am Einwanderungsmythos des Landes, in dem sie und ihre Familie seit Generationen lebte: Kalifornien. Aufgewachsen in Sacramento, spürt sie die Geschichte ihrer Familie auf, die gleichzeitig die Geschichte der Besiedelung der Westküste der USA ist: Von Goldgräbern, Siedlern und Landkäufern ist die Rede, von denen, die als „Pioniere“ ein wüstes Land urbar machten und ein Volk wurden, das bis heute seine Eigen- und Einzigartigkeit behalten hat.

Jean Ziegler widmet sein neues Buch der jüngeren Generation: Was ist so schlimm am Kapitalismus? Im hohen Alter meldet sich der große Menschnerechtskämpfer und Politiker Jean Ziegler  noch einmal zu Wort,  fasst all seine Erfahrungen und Kenntnisse zusammen und nennt die Gründe, warum dieses Wirtschafts- und Gesellschaftssystem überwunden, „radikal zerstört“ werden muß und – an die Enkelgeneration gerichtet - überwunden werden kann. Ein lesenswertes Manifest, das Mut macht.