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Lize Spit: Ich bin nicht da.

„‚Ich bin nicht da‘ ist eine beeindruckende Errungenschaft. Wie ihre berühmten Vorgänger Tolstoi und John Irving, hat Spit einen literarischen Giganten erschaffen, der uns vor Augen führt, wie komplex und zugleich fragil das Leben wirklich ist.“, schreibt die Zeitung Nederlands Dagblad über den Roman der belgischen Autorin Lize Spit, die schon mit ihrem Debüt „Und es schmilzt“ beeindruckt hatte. 

„Eine Figur, die in irgendetwas völlig aufgeht, sich des auf sie zurückenden Unheils nicht bewusst ist, mehr braucht es nicht, um die Spannung zu steigern. Das war eines der ersten Drehbuchprinzipien, die wir an der Filmakademie lernten: Gib den Zuschauern einen kleinen Wissensvorsprung gegenüber der Figur, mit der sie emotional mitgehen soll, und sie werden vorn auf der Stuhlkante sitzen, werden laut rufen wollen, um sie zu warnen.“ (S. 8), so steht es schon auf der zweiten Seite von Lize Spits neuem Roman „Ich bin nicht da“.

Und man sitzt die ganze Zeit auf der Stuhlkante, ganz weit vorn. 

„Ich bin nicht da“ handelt von Leo. Leo kommt aus einem kleinen Dorf und hat in Brüssel Film/Audiovisuelle Künste studiert. Direkt nach dem Abschluss fängt sie einen Job in einem Laden für Schwangere an und verkauft dort Kleidung. Außerdem lernt sie in diesem Laden ihre beste Freundin Lotte kennen. Mit Simon, einem genialen Grafiker, ist Leo seit acht Jahren zusammen, sie kennen sich in- und auswendig. Bis Simon sich eines nachts ein irres Tatoo hinters Ohr stechen lässt und plötzlich seinen gut bezahlten, sicheren Job kündigt um sich selbständig zu machen. Das ganze Leben ändert sich. Plötzlich kann keiner von beiden mehr schlafen, Simon ist wie ausgewechselt, Leos Welt steht im Handumdrehen Kopf. Irgendwann bekommt Leo einen Termin bei einem Psychologen für Simon. Zwischendurch ist nicht mehr ganz klar, wer eigentlich die paranoide Person ist. 

Leo erhält einen Anruf im Geschäft, der alles verändert. Die Spannung bis zur Auflösung des Anrufinhalts einerseits und bis zum Eintreffen in der gemeinsamen Wohnung andererseits wird fast ins Unerträgliche gesteigert, die Ich-Erzählerin springt in den Zeiten hin und her. Man ist in Leos Kindheit, in Simons Jugend, in der Jetzt-Zeit: Sommer 2018 bis Winter 2019 und zählt dabei die Minuten seit Eingang des Anrufs mit einem im wahrsten Sinne wahnsinnig verstörenden Inhalt und Leos Eintritt in die Wohnung herunter: 570 Seiten ganz vorne auf der Stuhlkante. 

Nachhaltig beeindrucken auch die Erkenntnisse aus dem Alltag mit bipolaren Störungen: „Es war, als hätten sie ihm im Krankenhaus neue Software aufgespielt, dabei aber vergessen, seine Dateien zu sichern. Manchmal fragte ich ihn nach einer harmlosen gemeinsamen Erinnerung, weil ich wissen wollte, ob es unsere Geschichte überhaupt noch gab.“ (S. 421) „Tausende Simons waren möglich, bei denen mit Hilfe winzig kleiner Pillen jeweils ein anderer Akzent hervorstach, die zugleich aber niemals wirklich er waren. Der echte Simon war verschwunden, und Tausende von Repliken lagerten in einem Depot, die eine nach der anderen auf mich losgeschickt wurden, in der Hoffnung, ich würde es irgendwann leid und würde sagen: Okay, der hier tut‘s, der darf bleiben, mit dem versuche ich halt auszukommen.“ (S. 505) „Ich lebte abgesehen von einem Doppelleben auch noch anderthalb Leben. Ich war zu dem ‚i‘ in seinem ‚ich‘ geworden, hielt seinen Punkt in der Luft.“ (S. 451) „Es war nicht nur die Krankheit, die ihn krank machte, sondern auch die Art und Weise, wie ich ihn betrachtete. Ich hatte nicht nur Simon, sondern auch mich selbst verloren.“ (S. 508)

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Kategorie: Romane