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Eva, Noah & der David-Clan

Scham, Schuld und Verbrechen in der Bibel, edition chrismon

Erschienen am 31.01.2012
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783869210926
Sprache: Deutsch
Umfang: 196 S.
Format (T/L/B): 2 x 18.5 x 13.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Wie aus Scham Schuld wird. . und warum es so entlastend ist, zur buckligen Verwandtschaft des biblischen Personals zu gehören: Für Klaas Huizing, den versierten Theologen, Philosophen und Schriftsteller, gehört die Scham zur Urausstattung des Menschen nach dem Auszug aus dem Paradies. In ihr haust die Angst, die Bestimmung zum liebenden Miteinander zu verfehlen. Um der Scham über die eigene Unvollkommenheit nicht hilflos ausgeliefert zu sein, wird sie oft in Schuld und Verbrechen umgewandelt. Dieses psychologische Grundmuster zeigt sich bei allen herausragenden biblischen Gestalten: bei Kains Brudermord und Noahs Trunksucht, im Inzest von Lots Töchtern, beim tricksenden Jakob und beim mörderisch liebenden David. Der Bibel ist nichts Menschliches fremd.

Autorenportrait

Klaas Huizing versteht es wie kaum ein anderer, Theologie und Philosophie unterhaltsam zu präsentieren und in seinen Romanen Geistesgeschichte spannend zu erzählen. Der international renommierte Autor lehrt an der Universität Würzburg und ist Chefredakteur des Kulturmagazins "Opus". Für die edition chrismon schrieb er "Calvin - und was vom Reformator übrig bleibt" (4. Auflage) und "Fürchte dich nicht. Die Kunst der Entängstigung".

Leseprobe

Einen Soldatenkönig mit Depressionen zu erleben, ist für seinen Hofstaat eine erbärmliche Situation. Saul wird sichschrecklich geschämt haben. Dass Saul sich zu jenem Musiktherapeuten, der ihm aus der Scham heraushilft, hingezogen fühlt, ist verständlich. Seit Woody Allen wissen wir, wie schnell sich dankbare Patienten in ihre Therapeuten verlieben. Das wird auch in altisraelitischen Gesellschaften nicht anders gewesen sein, auch wenn die Priesterschaft als Verfechter separatistisch- korporativen Denkens es sich anders wünscht. Der homoerotische Subtext lässt sich nicht linkshändig löschen. Saul möchte, durchaus verständlich, ihn, den Helfer und Zeugen seiner Scham, nicht teilen - auch nicht mit seinem Sohn. Schwierig wird die Beziehung, als der Therapeut immer mächtiger und die Zuneigung mit Angst vermischt wird. Nicht zufällig sind es Therapiestunden, in denen Saul mit seinem Speer nach David wirft. Saul möchte den Zeugen seiner Scham, dem er nicht mehr traut oder nicht mehr trauen kann, gerne loswerden. In dieser Situation siegt die Angst um die auch generativ abzusichernde Königswürde über die Depression. Der Kampf um die familiäre Selbsterhaltung wird aufgenommen: Saul wirft seinem Sohn vor, in seiner Begeisterung für David sich schändlich dumm zu verhalten, sich und seine Mutter zu beschämen, weil er für einen Kronprinzen offenbar zu leichtgläubig und zu schnell zu begeistern sei. Eifersucht und politische Weitsicht, sprich: Misstrauen, überlagern einander. Saul kann der Scham nur kriegerisch entkommen und verfolgt David mit einem irrsinnigen militärischen Aufwand. Sauls Sohn Jonathan beschämt sich politisch gesehen konsequent weiter: Er hilft David zu fliehen, läuft später nicht zu ihm über und stirbt an der Seite seines Vaters im Krieg gegen die Philister. Das Schamszenario endet in einem Fiasko.