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Übersehene Kinder

Biografien erwachsener Töchter von Borderline-Müttern

Erschienen am 31.03.2014, Auflage: 2/2013
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783944442440
Sprache: Deutsch
Umfang: 548 S.
Format (T/L/B): 3.6 x 22 x 15.7 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Rund 30 Töchter zwischen 19 und 62 Jahren beschreiben ihr Leben, das durch ihre Mütter, die an der Borderline-Persönlichkeitsstörung erkrankt sind, wesentlich geprägt wurde. Ein Tabu-Thema: Alle Töchter erlebten psychische Gewalt, viele von ihnen körperliche Gewalt und manche sexuelle Gewalt durch ihre Mütter! Die Mütter sind an Borderline erkrankt, weil sie in ihrer eigenen Kindheit oder Jugend durch emotionale Vernachlässigung, körperliche, sexuelle und/oder psychische Gewalt, durch Verlusterfahrungen, Flucht und/oder Krieg traumatisiert worden sind. Diese, von ihnen unbearbeiteten, Traumata haben Auswirkungen auf ihr eigenes Leben und das ihrer Kinder und Enkelkinder. In der Gesellschaft und in psychiatrisch-therapeutischen Kontexten gehören die Töchter und Söhne auch heute noch zu den "übersehenen" Kindern psychisch kranker Eltern(teile). Der Sammelband soll die Borderline-Persönlichkeitsstörung und ihre Erscheinungsformen als Trauma-Folgeerkrankung bekannter machen, die Folgen einer Sozialisierung durch Mütter mit Borderline verdeutlichen, die Co-Abhängigkeit bzw. Abwesenheit der Väter aufzeigen und für die - oft schwere - Situation der Kinder von Borderlinern sensibilisieren. Zugleich werden frauenfeindliche gesellschaftliche Strukturen und Mechanismen sowie ihre Auswirkungen auf die Biografien der Mütter und der Töchter deutlich. Die Autorinnen hoffen, dass, ausgehend von den dargestellten Erfahrungen und den daraus gewonnenen Erkenntnissen, die transgenerationale Weitergabe von Traumatisierungserfahrungen in jetzigen und zukünftigen Familien wenigstens abgemildert werden kann. Im Praxisteil stellt Psychologin Marianne Styger hierfür Ideen zur "Frühen Hilfe" für Borderline-Mütter und ihre Kinder vor.

Autorenportrait

Jana Reich, Herausgeberin, Jahrgang 1968, hat publizistische Erfahrung als Journalistin, Autorin, Referentin und Verlegerin. 2001 erhielt sie den Alternativen Medienpreis. Katharina Ohana, Jahrgang 1970, ist Psychologin, Autorin und Moderatorin. Mit ihrem ersten Buch "Ich, Rabentochter" (2006) brach sie als eine der ersten Töchter das Schweigen und beschrieb ihre Kindheit und Jugend mit einer an Borderline erkrankten Mutter. Marianne Styger, Jahrgang 1969, ist Psychologin sowie Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche. Sie arbeitet in der Schweiz mit psychisch kranken Müttern und deren Kindern.

Leseprobe

Zitat aus der Einleitung: "Übersehene Kinder" wollen vor allem eins: Nicht mehr länger als engste betroffene Angehörige von Müttern oder Vätern mit Borderline übersehen werden! Weder in ihren aktuellen Beziehungen zu Menschen, noch von der Fachwelt oder der Gesellschaft. Sie wollen sich wiederfinden in den gesellschaftlichen, fachlichen und feministischen Diskursen zu den Themen (gesellschaftliche) Macht- und Gewaltverhältnisse, Traumatisierung und ihre Folgen, Rolle der Mütter, Väter und Familien, Psychische Erkrankungen, inklusive der Bereiche psychiatrische Praxis, Prävention, Therapie und Opferentschädigung. Sie wollen, dass über die (Traumatisierungs-)Folgen von psychischer, physischer und sexueller Gewalt mehr Aufklärung erfolgt sowie Bewusstsein und Wissen in der Gesellschaft entsteht - bei den Betroffenen, aber auch in therapeutischen und juristischen Zusammenhängen. Sie wollen in ihren eigenen Therapien erfahren, unter welcher psychischen Erkrankung ihre Mutter leidet. "Familiengeheimnisse" gab es in ihren Familien genug. Sie stellten sich als destruktiv heraus. Erwachsene Kinder von Borderline-Müttern suchen nach Trost, nach Erklärungen, nach Verständnis, nach anderen Frauen und Männern, die Ähnliches erlebt haben. Eine betroffene Frau brachte es auf den Punkt: "Als Tochter einer Borderline-Mutter bin ich auf der Suche nach Informationen, Ermutigungen und dem Gefühl, nicht alleine zu sein mit diesem Problem. (.) Ich habe über ein halbes Jahrhundert gebraucht, bis ich dem Verhalten meiner Mutter endlich einen Namen geben konnte. Wäre das, was ich, wie viele andere Kinder von Borderline-Müttern, erlebt habe, früher thematisiert worden, wären uns vielleicht Jahrzehnte der verzweifelten Verwirrung erspart geblieben."