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München war anders!

Das NS-Dokumentationszentrum und die dort ausgeblendeten Dokumente

Erschienen am 16.06.2016, Auflage: 1/2016
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783957681829
Sprache: Deutsch
Umfang: 192 S., 3 s/w Fotos
Format (T/L/B): 1.4 x 21.5 x 14.6 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Am Königsplatz, wo das 'Braune Haus', die Parteizentrale der NSDAP, stand, wurde am 30. April 2015 das 'NS-Dokumentationszentrum München' eröffnet. Die Besucher werden belehrt, dass es sich weder um ein Museum noch um ein Ausstellungshaus handelt, sondern um einen 'Lern- und Erinnerungsort zur Geschichte des Nationalsozialismus in München'. Wird das Zentrum dieser Vorgabe gerecht? In der Einführung liest der Betrachter: 'In der zerrissenen westdeutschen Nachkriegsgesellschaft hatten sich die wenigen Gegner mit den vielen Mitläufern und Mittätern zusammengeschlossen.' Der Satz behauptet Tatsachen, die fragwürdig sind, aber offenbar als dogmatische Vorgaben stillschweigend akzeptiert werden sollen: 'wenige Gegner', 'viele Mitläufer und Mittäter'. Doch wer dort Ausschau nach Beweisen hält, sucht vergebens. Zahlreiche Aufnahmen von Opfern wie von Gegnern werden gezeigt, die Bekundungen der Zeitzeugen bleiben aber fast gänzlich unerwähnt. Warum? Dabei gibt es sie in großer Zahl, wie dieses Buch dokumentiert, so mit den Aufzeichnungen von 46 (!) Münchner Juden oder Juden, die sich zum Thema 'Münchner' geäußert haben. Hier aus der Fülle der Zeugnisse ein Beispiel: Die Führung der SPD, die nach Prag geflohen war, kam zu der Einsicht: Trotz aller Bemühungen, trotz der vielen repräsentativen Veranstaltungen, trotz der Sonderstellung, die München als Kunststadt genießt, kann man ruhig sagen: München ist keine nationalsozialistische Stadt und sie ist es auch nie gewesen. Der Nationalsozialismus hat seine Anziehungskraft eingebüßt. Der Münchner erträgt ihn, wie eine unabänderliche Schickung des Himmels und sucht auf seine Art sich herauszuwinden, wo er nur kann, ohne dabei mit den Gesetzen in Konflikt zu geraten. Reisende aus Berlin z. B. haben schon oft festgestellt, dass man in München viel freier leben könne, weil schon die ganze Atmosphäre anders sei. Warum sind derlei Dokumente im Dokumentationszentrum nicht vorhanden? Die offiziöse Antwort lautet: 'München sollte als Täterstadt im Vordergrund stehen.' Doch die leidgeprüften Münchner von damals haben ein Anrecht auf die historische Wirklichkeit. Stadt und Land sind verpflichtet, dieser Selbstverständlichkeit Rechnung zu tragen.

Autorenportrait

Konrad Löw wurde am 25. Dezember 1931 in München geboren. Nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges besuchte er bis 1951 in seiner Vaterstadt das humanistische Theresiengymnasium. Als Jurist war er zuerst im Verwaltungsdienste des Freistaates Bayern und der Bundesrepublik Deutschland tätig. 1968 begann er in München seine akademische Lehrtätigkeit. Von 1972 bis 1975 lehrte er als Ordentlicher Professor für Politikwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg, anschließend an der Universität Bayreuth. Seit 1999 ist er emeritiert und lebt in Baierbrunn, Landkreis München. Forschungsschwerpunkte waren/sind das politische System der Bundesrepublik Deutschland, Kommunismus, Marx, Marxismus, Totalitarismus, Deutsche Geschichte 1933-1945. 2014 erschien seine Autobiographie unter dem Titel »Lasst uns trotzdem weiterkämpfen!«, eine Losung, die er Alfred Grosser verdankt.